Unterwegs treffe ich auf dem gesamten Weg bis Santiago bis auf wenige Ausnahmen keine Pilger. Ich kann nach Herzenslust an Mühlenteichen und Bachquerungen rasten oder ungestört am Wegsrand Mittagsschlaf halten. Der Pilgerweg bereite mir Freude. Er ist überwiegend gut ausgezeichnet und mit zunehmender Entfernung von Porto idyllischer.

Auf dem Caminho Portugués in den meist nagelneuene Pilgerherbergen - Übernachtung gegen freiwillige Spende - gibt es abends Unterhaltung mit den 2-4 (auf Santiago hin zunehmend) Mitpilgern. In den Pilgerherbergen trifft man meistens auf Spanier und Franzosen, im Zeitalter der Billigflieger auch auf Deutsche. Auf den nach Santiago besuchten Reconquista-Routen durch die Berge gab es nur alle 7 Tage einen Pilger in eine der beiden Richtungen. Hier war das Zelt nützlich und ich konnte auf den Pässen einsam in 1500 m Höhe campieren.

In Santiago übernachten über 300 Pilger, die oft mehrere Tage bleiben. Die Herberge erinnert an ein dicht belegtes Kriegslazarett. Die Mitpilger bestehen zu 2/3 aus Leuten um die 60 Jahre. Es gibt aber auch viele junge Leute, mehr Mädchen, die alleine oft in einer glückseeligen Stimmung pilgern.

In Leon, am Hauptweg und Startort der Alternativroute nach Oviedo treffe ich in einem Kloster auf hundert voll belegte Doppelstockbetten. Fahrradfahrer kommen nicht mehr unter, wenn sich genügend Fußpilger melden. Das Schnarchkonzert ist ein prägendes Erlebnis. Die Kontaktmöglichkeiten auf dem Hauptweg sind unerschöpflich. Die Pilger sind nicht alle katholisch, eher ein eigenes Völkchen. Manche sagen, die Peregrinos (Pilger) seien eine eigene Glaubensgemeinschaft. Viele haben der Kirche den Rücken zugekehrt, suchen aber nach spiritueller Erfahrung.