Jetzt sitze ich in der Herberge in Leon. Sie wird von einem Nonnenkloster getragen. Die Nonnen beten sehr fromm, teils in der Kirche, teils im Nachbarraum. Den spanischen Singsang habe ich gerade ein wenig aufgemischt. Vor  Einzug wurden wir von einer Nonne in das Gebet eingeführt. Der Gesang der Nonnen und die umfangreichen Anweisungen auf Spanisch sind nicht einfach zu ertragen. Zum Einzug habe ich ein „Laudate omnes gentes“ angestimmt und konnte weil viele Pilger mitsangen sogar die Tenorstimme draufsetzen. Zum Auszug gab es nach diesem Erfolg ein „Ubi Cariatas“.

 

Die Nacht im Kloster ist laut. In dem voll belegten Schlafsaal herrscht anhaltendes Röcheln, Stöhnen und Schnarchen. Daneben wird die Nacht durch den ein oder anderen spitzen Aufschrei einzelner unterbrochen, die möglicherweise aus dem Bett zu fallen drohten. Die Luft steht trotz der offenen Fenster. Das Schnarchkonzert wurde nur durch die unten verbotenerweise vorbeifahrenden zahlreichen Mofas und Autos unterbrochen. Sie klingen, als führen sie mitten durchs Zimmer. Der Abgase zogen mit einem leichten Luftzug durch die Betten. Erst in der zweiten Nachthälfte verdrängte vereinzelt ein Hauch von einströmendem Rosenduft den Mief, bevor die alten Gerüche sich entsprechend ihrer unterschiedlichen Intensität wieder durchsetzten, wenn der Hauch nachließ. Vielleicht war es ein Fehler im oberen Bett zu schlafen.

 

Jedenfalls lag der Oberschnarcher direkt seitlich unter meiner Pritsche. Als er erzählt, er habe einen anderen Schnarcher direkt neben ihm in der Nacht angestoßen, um ihn still zu stellen, kann ich ihm seine nächtlichen Aktivitäten, bei denen er leider von niemandem unterbrochen wurde, nicht vorenthalten. Das witzige sind immer die dann zu Tage tretende Pseudo-Schuldgefühle der Schnarcher.

 

Jetzt bin ich schon auf dem Weg nach Asturien. In Leon wurden wir von einem Storchenpaar auf einer Monumentalsäule sitzenden Storchenpaar verabschiedet. Die ersten Kilometer ging ich mit einer jungen deutschen Frau, die aber den Hauptweg bevorzugte. Der Weg nach Asturien gehte am Rio Bernesga entlang weiter in die Berge.

 

Kurz darauf fällt mir ein, dass ich meinen Sonnenhut nicht dabei habe. Er war in der Herberge vom Bett gefallen und mir so aus den Augen geraten. Den Rucksack verstecke ich also am Ufer des Bernesga im Gebüsch und laufe zurück, bevor die Herberge um 8.00 Uhr schließt. Natürlich verlaufe ich mich auf einer Abkürzung, finde die Herberge und meinen Hut und schließlich auch meinen Rucksack unversehrt, aber glücklich wieder. Die nächsten Kilometer sind ein wenig stressig, weil der Weg durch Neubau und Industrie vom Fluss wegführt und dann ein Weg durch einen hübschen Park nicht erwähnt wird, also die Straße lang.